Die Frage nach bevorstehenden Ereignissen ist eng mit der Frage nach dem richtigen „Tun“ verbunden. Wer also mit einem Zukunftsblick eine Verlautbarung anstehender Begebnisse erheischt, wird sich nicht mit einer bloßen Benennung begnügen. Immer steht die Frage oder vielmehr Bitte „Was soll ich tun“ im Mittelpunkt der Betrachtung. Da dieses Tun letztlich nur von der betreffenden Person veranlasst werden kann, steht davor das individuelle Verständnis für die Gründe des angestrebten Verhaltens, das zum erwünschten Ziel führen soll. Jeder kennt die Losung: „Der Weg ist das Ziel“. In den meisten Fällen beinhaltet der erwünschte Zukunftsblick also auch die Suche nach dem richtigen Weg. Eine Frage, die schon unsere Ahnen sowie viele Kulturen beschäftigte und mystischen Traditionen bzw. philosophischen Konzepten zugrunde liegt.
In der modernen Popkultur wurde gerade durch Madonna die jüdische Kabbala (oder Kabbalah) in das Bewusstsein der westlichen Öffentlichkeit gerückt. Tief verwurzelt in der Tora, der Heiligen Schrift des jüdischen Volkes, verkörpert Kabbalah eine Reihe esoterischer Lehren und erklärt die Beziehung zwischen einem ewigen geheimnisvollen Schöpfer und dem sterblichen Universum (seiner Schöpfung). Kabbalah versucht, die Natur des Universums und des Menschen sowie die Natur und den Zweck des Daseins zu ergründen. In der Auseinandersetzung mit diesen existentiellen Fragen unterstützen verschiedene Methoden das Verständnis dieser Konzepte und helfen bei der spirituellen Verwirklichung im Alltag.
Das kabbalistische Verständnis ergibt sich aus der Interpretation biblischer und rabbinischer Texte, die systematisiert und philosophisch untersucht werden. Auf vier Ebenen wird zum innersten Kern der Bedeutung vorgedrungen: Von der direkten Interpretation der Texte über eine allegorische Interpretation und bildhafte Vergleiche gelangen die Studierenden bis zum inneren metaphysischen Verständnis. Es gibt verschiedene Denkschulen mit sehr unterschiedlichen Perspektiven, jedoch werden alle als richtig angenommen. Alles wird in den Kontext der Auseinandersetzung mit der göttlichen Natur gestellt. Diese ist nicht erkennbar personifiziert und steht mit den Menschen in einem beständigen Austausch.
Die Kabbalisten gehen davon aus, dass alle Geschöpfe das Abbild des Universums sind. Dieser hermetische Ansatz findet sich in vielen spirituellen und philosophischen Konzepten wieder. Der Mensch selbst trägt das Göttliche in sich und strebt nach Vervollkommnung. Auch wenn dies den meisten Menschen kaum bewusst sein wird, ist es doch ein grundsätzlich seelisches Bedürfnis, einen Ausgleich zwischen „oben“ und „unten“ herzustellen. Dies wird sich zumeist im Wunsch nach Harmonie und einem Leben im Fluss mit den Dingen äußern. Ein Zukunftsblick offenbart demzufolge einen Einblick in den göttlichen Plan und gestattet eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Ego.
Zukunftsblick – wer kennt nicht die Redewendung „…und erstens kommt es anders und zweitens als man denkt…“? Recht einfach und keinesfalls mystisch klingt diese Aussage und drückt doch das Wesentliche aus. Denn darum geht es bei all den theoretischen Konzepten und spirituellen Hilfsmitteln wie zum Beispiel dem Zukunftsblick – einen individuellen Weg zu finden, die auf einen zu kommenden Dinge so anzunehmen wie sie tatsächlich sind und nicht, wie man sie gern hätte. Pragmatisch könnte man sagen, das Ego kämpft hier mit dem göttlichen Plan. Das richtige Tun oder Handeln impliziert also ganz grundlegend ein Annehmen des gegenwärtigen Zustandes. Annehmen erfordert nicht selten die Annahme und Verinnerlichung einer neuen Einstellung zum betreffenden Thema. Erst dann erschließen sich völlig neue Herangehensweisen für individuelle Problemstellungen.