Überall auf der Welt sehnten sich sowohl die einfachen Menschen als auch die Herrscher danach, das ALL zu verstehen und sich damit zu arrangieren. Durch genaueste Beobachtungen von Naturerscheinungen oder den Gestirnen erschlossen sich komplexe Zusammenhänge, die in ihren strukturellen Anordnungen ebenso in den kleinsten Dingen zu finden waren. Über die Suche und Auseinandersetzung nach dem nicht fassbaren Übergeordneten, dem Göttlichen, entwickelten die Gelehrten aller Kontinente metaphysische Konzepte in Verbindung mit philosophischen Ideen. Die intensive Beschäftigung mit dem SEIN im „Hier und Jetzt“ lehrte die Weisen, dass die grundlegende Ordnung des Lebens gegeben ist, so dass sie gleichzeitig in der Lage waren, nicht nur vergangene Ereignisse zu erklären sondern auch die Zukunft deuten konnten.
Das Universum oder die Schöpfung – verschiedene Namen haben die Kulturen auf aller Welt dem Unerklärlichen gegeben – IST und gibt die Muster allen Seins vor. Mit verschiedenen Techniken und Konzepten war es möglich, diese Muster zu offenbaren und nutzbar zu machen. Bis in die moderne Zeit wurde dieses Wissen in allen Völkern von Lehrern auf Schüler übertragen. Heute ist es mittels moderner Medien möglich, weltweit auf dieses Wissen zuzugreifen. So finden sich in Europa neben der Astrologie oder dem Tarot auch zahlreiche andere Methoden zum Zukunft deuten, wie zum Beispiel das chinesische „Buch der Wandlungen“, besser bekannt als I Ging. Dieses ist auf den einfachen Blick eine Sammlung von Strichkomplexen und zugeordneten Darlegungen – jedoch weitaus mehr.
Allein die komplizierten Strukturen des Aufbaus dieses ältesten chinesischen Textes deuten auf die Vielschichtigkeit und Aussagekraft dieser Sammlung hin. Grundlegender Bestandteil ist das aus 64 Gruppen jeweils sechs durchlaufender oder unterbrochenen Linien bestehende Zhōu Yì. Diese sogenannten Hexagramme folgen einer einheitlichen Struktur. Eine Abbildung (guà xiàng) enthält einen Namen (guà míng), einen Denkspruch mit kurzer Erläuterung (guà cí) sowie eine Deutung jeden einzelnen Striches (yáo cí). Weitere angegliederte Texte, die als die Zehn Flügel (Shí Yì) bezeichnet und Konfuzius zugeschrieben werden, ergänzen das Zhōu Yì.
Die Darstellungsweise der Striche entwickelte sich aus der ursprünglich zum Zukunft deuten genutzten chinesischen Orakelpraxis, insbesondere dem Schafgarbenorakel. Die Sinnsprüche entstammen der Spruchtradition (hier bekannt als Besprechen) und verschiedenen Ritualen. Dementsprechend folgt das I Ging auch zwei verschiedenen Deutungstraditionen – einer wahrsagenden und einer philosophische Interpretation. Dies tut der Nutzung des mehr als zweitausend Jahre alten Buches keinen Abbruch. Im Gegenteil: So wie das Buch im Volksglauben zum Zukunft deuten als Orakelbuch Verwendung findet, so hat es sich ebenfalls bis in die heutige Zeit als sinnstiftender und den Geist zum Erblühen bringender Text erhalten.
Zur Verwendung des I Ging zum Weissagen können sowohl Schafgarbenstengel als auch Münzen verwendet werden. Bei der einfacheren Methode des Münzenorakels werden alte chinesische Bronzemünzen verwendet, die auf einer Seite beschriftet sind und in der Mitte ein Loch aufweisen. Zum Erstellen eines Hexagramms werden 3 Münzen geworfen, ein Wurf entspricht dabei einer Linie. Ähnlich wie beim Tarot entfaltet sich der Sinn der Deutung nicht nur durch die Interpretation der Elemente sondern auch durch die Umwandlung der ermittelten ruhenden oder bewegten Strichelemente in eine verbindende Interpretation. Durch die Unterstützung eines kundigen Beraters wird dem Ratsuchenden ermöglicht, das tatsächliche Alltagsgeschehen in übergeordneten Strukturen aufzufassen und somit eine völlig neue Sichtweise zu erlangen.